Neue Einnahmemodelle für Fluggesellschaften

Eine Flugreise war früher sehr kostspielig. Wer wenig Geld hatte, kam erst gar nicht auf die Idee zu fliegen. Flugrouten wurden von der Regierung festgelegt, um die optimale Anbindung möglichst vieler Destinationen zu gewährleisten. Das Fliegen war u.a. deshalb so teuer, weil die Fluglinienbetreiber einfach die Kosten für das Bedienen der langen Strecken mit den Einnahmen aus den gewinnbringenden kurzen Strecken subventionierten.

Allerdings kam dann 1978 der sogenannte Airline Deregulation Act. Die Gesellschaften konnten jetzt selbst die Flugrouten festlegen, was dazu führte, dass sie viele Langstreckenflüge für immer aus ihren Flugplänen strichen. Damit nicht genug: Die Kosten sollten weiter runter. Als nächstes erfanden sie ein raffiniertes System – sie kombinierten sehr geschickt Zubringerflüge und Anschlussflüge, um die Zahl der erforderlichen Flugzeuge zu reduzieren. Der Preiskampf war eröffnet.

Ruinöser Preiswettbewerb gefährdet die Branche

Die Entbürokratisierung des Flugverkehrs förderte den Wettbewerb; die Preise purzelten in ein gro?es Luftloch – und fielen. Und fielen. ‹ber Jahrzehnte hinweg versuchten schuldengeplagte Fluggesellschaften ihre Marktanteile zu erhöhen, indem sie die Konkurrenz immer weiter unterboten, nur um schlussendlich festzustellen, dass die Gewinnzone unerreichbar blieb. Viele Gesellschaften machten den Laden dicht. Tschüß PanAM, Ciao Eastern, Byebye Braniff (nie gehört).

Kleine Start-ups, wie Southwest und Frontier, füllten flink die Marktlücken, die ihre berühmten Vorgänger hinterlassen hatten. Mit standardisierten Flotten und geringen Turnaround-Zeiten fuhren sie schnell Gewinne ein, bei denen selbst die etabliertesten Konkurrenten nicht mehr mithalten konnten. Doch Rettung nahte aus den USA mit der Einführung von Gebühren für aufgegebenes Gepäck durch American Airlines.

Obwohl auch schon zuvor einige Billigfluglinien das Reisegepäck ihrer Passagiere extra abrechneten, wagte American Airlines als erste größere Fluggesellschaft diesen Schritt. Seit feststeht, wie gewinnbringend diese neue Preisstruktur tatsächlich ist, gibt es auf dem Gebiet der Zusatzgebühren kein Halten mehr.

Mit dem Treibstoffzuschlag das gleiche Spiel. 2008 noch 15 Dollar. Jetzt sind es 25 Dollar. Das Flugbenzin selbst ist seit 2008 nicht teuerer geworden! Was sind die Gründe für dieses Verhalten?

Die Entdeckung der Zusatzgebühren löste eine Lawine aus

Gebühren für aufgegebenes Gepäck waren nur der Anfang. Inzwischen müssen Passagiere u.a. für folgende Serviceleistungen in die Tasche greifen: Alleinreisende Kinder; Haustiere an Bord; Drittanbieter-Buchungen; Reservierungen per Telefon; Tickets und Bordkarten in gedruckter Ausfertigung; Umsteigen; Einchecken vor den anderen; Mehr Platz zwischen den Sitzreihen; Reservierung von Sitzplätzen; Essen an Bord.

Einige dieser Leistungen kosteten auch früher schon teilweise extra; doch seit kurzer Zeit findet man sie flächendeckend. Mit ihrem Widerstand konnten die Passagiere zwar ein paar der kreativsten Kostenvorschläge verhindern, darunter Gebühren für die Toiletten oder sogar den Sitzplatz an Bord, trotzdem laufen die meisten Beschwerden ins Leere, und die Fluggäste werden auch weiterhin zur Kasse gebeten.

Im vergangenen Jahr nahmen US-amerikanische Fluglinienbetreiber mit Gepäckgebühren (nicht Gebäckgebühren) dreieinhalb Milliarden Dollar ein; das sind 3,35 Milliarden Dollar mehr als 2011. Und der Wahnsinn geht weiter, hat scheinbar Methode. Wer von seinen Passagieren für Grundbedürfnisse Geld abluchst, darf sich nicht wundern, wenn diese richtig sauer werden. Zum Glück gibt es Ausnahmen. Manche Fluggesellschaften bemühen sich weiter darum, dass sich die Passagiere wohlfühlen.

Neue Wege der Bordunterhaltung

Seitdem das Luftfahrt-Bundesamt die Nutzung von Handys an Bord von Flugzeugen unter bestimmten Voraussetzungen erlaubt hat, dürfte es wohl nicht mehr allzu lange dauern, bis Passagiere ihre mobilen Geräte auch während Start und Landung eingeschaltet lassen dürfen. Und auch das Internetangebot an Bord wird von vielen Airlines immer weiter ausgebaut. Wer einen Draht zu Mobilfunkbetreibern hat, kann von diesen hinter vorgehaltener Hand erfahren, dass sich mit WiFi prima Geld verdienen lässt; dagegen sind Gepäckgebühren Erdnüsse.

Ein interessanter Ansatz kommt von Travel Leaders Group, einer großen US-amerikanischen Reisebürokette: Fluggästen wird angeboten, den Platz in der Mitte ihrer Flugreihe zum halben Preis hinzuzubuchen. Schon hat man mehr Platz und Privatsphäre während des Fluges.

Wenn dann auch noch der zweite Passagier in der Sitzreihe für den halben Mittelplatz bezahlt, spart die Fluggesellschaft Treibstoffkosten und erhält gleichzeitig den vollen Preis für einen leeren Sitzplatz. Den Fluggästen kann es eigentlich recht sein, sie dürften auf alle Fälle einen ruhigen Flug haben.

Die Passagiere mögen Serviceleistungen, für die sie extra bezahlen sollen, als extrem lästig empfinden, doch für amerikanische Airlines, die in eimem erbarmungslosen Wettstreit um die niedrigsten Kosten stecken, sind sie überlebenswichtig geworden. Der Schlüssel zu mehr Flugverkehrsaufkommen liegt in einer möglichst angenehmen Gestaltung des Bordaufenthalts.

Fluggesellschaften, die auch in Zukunft zahlende Passagiere an Bord begrüßen möchten, müssen ihr Serviceangebot stetig erweitern und verbessern. Sich zurücklehnen und auf die Fluggäste warten, das wird nicht länger genügen.

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